Auf halber Höhe des Marmorgebirges des Monte Altissimo mit Blick auf das Tyrrhenische Meer liegt Azzano, ein altes Dorf, von Steinbrucharbeitern gegründet. Der ideale Ort, sich mit Marmor, den die Natur im Flussbett freigegeben hat, in Beziehung zu setzen, mit ursprünglichen Bildhauerwerkzeugen auseinander zu setzen und sich gemeinsam mit dem Stein zu formen. Ein intensiver persönlicher Prozess, der individuell von mir begleitet wird.
Darüberhinaus bietet Azzano wunderbare Möglichkeiten für Bergwanderungen, Badeausflüge an Meer (1/2 Std.) und Ausflüge in die Umgebung (Pietrasanta, Lucca, Pisa, Carrara). Die Webseite www.campo-altissimo.com hat dazu schönes Anschauungsmaterial.
Zeitraum:
04.-10.8.2024
Kurspreis:
EUR 700,-
Unterkunftskosten in Häusern mit Selbstversorgung:
im Einzelzimmer (6 Übernachtungen) EUR 348,-
im Doppelzimmer (6 Übernachtungen) EUR 252,-
zusätzliche Übernachtung im Einzelzimmer EUR 58,- / im Doppelzimmer EUR 42,-
Die Kosten müssen vor Ort in bar bei dem Vermieter (Campo dell Altissimo) beglichen werden.
Ort:
Azzano (Fra. Lucca) oberhalb von Seravezza in der Versilia, Toscana
Leitung:
Ernst Johannes Wittkowski
Anmeldung:
Einfach das Kontaktformular ausfüllen und an mich schicken. Ich schicke Ihnen dann weitere Informationen zum Ablauf des Workshops und zur fixen Anmeldung für den Kurs.
Der Workshop findet auf dem Gelände des Kursanbieters Campo dell Altissimo www.campo-altissimo.com geleitet von dem Bildhauer Peter Rosenzweig statt und nützt die vorhandene Infrastruktur (Arbeitsplätze und Werkzeug) parallel zu anderen Kursen.
Der Marmor in seiner natürlichen Umgebung.
Bildhauen beginnt mit dem Blick auf den Stein. Bildhauen beginnt mit der Intention, sich diesem dauerhaften Material einzuprägen. Bildhauen beginnt mit dem Wunsch, sich einem leibhaftigen Gegenüber zu stellen und ihm zu begegnen.
Der Ort Campo dell Altissimo in Azzano mitten im Marmorgebirge am Westrand der apuanischen Alpen mit Blick auf das ligurische Meer bietet die idealen Voraussetzungen, diese ersten Schritte in die Bildhauerei zu setzen. Eingebettet zwischen dem mächtigen Monte Altissimo mit noch aktiven Marmorsteinbrüchen und dem ehemaligen Steinbruch von Michelangelo auf der gegenüberliegenden Talseite liegt der Bildhaucampus inmitten einer üppigen mediterranen Natur. Der Marmor, der Stein mit dem die ersten Schritte der Bildhauerei geübt werden, liegt dem Stein-Mutigen quasi zu Füßen. Es sind die Steine, die das Flüsschen Serra unermüdlich vom Monte Altissimo herunter rollt und zu Flusskieseln schleift. Im wildromantischen Flussbett der Sera seinem eigenen Stein zu begegnen, ist die erste wichtige und aufregende Aktion eines/r angehenden Bildhauers/in. Nur in diesem direkten Kontakt mit der Natur und ihren lebendigen Kreisläufen können wir dem Stein als dem begegnen, der er ist: ein einzigartiges lebendiges Gegenüber entstanden im natürlichen Kreislauf von zig-Millionen Jahren.
Die Gestaltungsarbeit ist intensives Beziehungsgeschehen.
Der gestaltenden Kraft des Wassers entzogen liegt der gefundene Stein nun auf dem Arbeitsbock, bereit, sich der Gestaltungskraft der angehenden Bildhauerin zur Verfügung zu stellen. Doch zuerst braucht es eine intensive Einführung in die Handhabung des Bildhauer-Werkzeugs: Hammer und Meißel. Dann der erste Schlag mit dem Hammer, das erste Spüren der Widerständigkeit dieser Materie. Plötzlich wird das sichtbar, was sich unter der durch die Flussreise zerschlagenen Oberfläche verbirgt: der gewachsene Stein mit seiner ganz eigenen kristallinen Struktur und Schönheit. Die Flussreise hat nicht nur die Oberfläche geprägt, auch Risse und Brüche in Stein verursacht, die erst beim Bearbeiten zutage treten. Es ist eine intensive Phase des Kennenlernens nicht nur des Steins sondern auch und vor allem von sich selbst. Die vorgefundene Eigenart und Form des Steins und der eigene Gestaltungswunsch bzw. das, was sich im Prozess Kennenlernens als mögliche Form für die GestalterIn herausschält, treffen sich und lassen die gewünschte Form immer deutlicher hervortreten. In dieser Arbeit des aneinander Formens verleitet die vermeintliche Härte des Steins oft zum ungerichteten harten Zuschlagen. Der Stein bremst dieses brachiale Wollen der GestalterIn unmittelbar aus. Oder es ist die Angst vor der Verletzung des Steins, die Angst Steinmaterial unwiederbringlich abzuschlagen, ein mögliche Form unwiederbringlich zu zerstören, die den Schlag hemmt und den Stein zum unpersönlichen Gegenüber macht.
Die eigene Form zeigt sich.
In dem Maße wie die GestalterIn mit dem Werkzeug vertraut wird und der Stein sich in seiner Eigenheit offenbart und sich der GestalterIn die inliegende Form zeigt, in dem Maße wird die Arbeit am Stein zur Arbeit im Augenblick, zu meditativen Aktion. Nur das, was im Moment geschieht ist wichtig! Es scheint fast, als würden GestalterIn und Stein in diesem Moment zusammenarbeiten.
Und dann ist die grobe Form da! Jetzt wird noch am Detail gearbeitet. Zum Teil schon mit einem anderen Meißel oder mit dem Schleifstein. Und wieder stehen Entscheidungen an: wie soll die Oberfläche der Form aussehen? Mit Schlagspuren, grob oder fein geschliffen, glatt, poliert? All das fordert diese innige Beziehung zwischen Stein und Gestalter solange bis die endgültige, passende und befriedigende Form entstanden ist.
Das Werk möchte gesehen werden.
Jetzt bleibt noch eins zu tun: genauso wie ein Bild braucht die Skulptur eine Fassung einen Ort und einen Raum, in der sie in ihrer Eigenheit und Schönheit wirken kann. Das kann ein passender Sockel sein, ein entsprechender Untergrund oder Ort. Für den Sockel braucht es Entscheidungen zur Ausrichtung der Skulptur: wo ist der Kontaktpunkt zum Boden, der manchmal auch eine Befestigung braucht, damit die Skulptur sicher steht?
Alle diese letzten Tätigkeiten sind getragen von einer geschäftigen Aufregung, die dem letzten Akt des Bildhauworkshops vorausgeht, der Präsentation der entstandenen Skulpturen auf dem Campo. Ein festlicher Moment, an dem alle teilnehmen, die zu der Zeit am Campo arbeiten. Jede Arbeit wird von der GestalterIn erklärt und vom Kursleiter und dem Publikum gebührend gewürdigt. Das Zeigen und Gesehenwerden ist ein wichtiger Teil des künstlerischen Prozesses, der diese auf- und anregende Woche der Begegnung mit dem Stein zu einem befriedigenden Abschluss bringt und zu Recht in einem festlichen gemeinsamen Essen ausklingt.
© Ernst Johannes Wittkowski 2018